Montag, 19. Januar 2015

FlyWe2TheMoon

FlyWe2TheMoon 
Roko Zahariev – Trompete, Percussion
George Donchev – Bass
Todor Stoyanov – Keyboards
Alexander Daniel – Schlagzeug

Der Name der Band, FlyWe2TheMoon, spielt mit den Assoziationen der Zuhörer, stellt man sich doch dabei entweder die Melodie von Fly me to the moon vor, oder vielleicht irgendetwas, das mit Mond und Raumfahrt zu tun haben könnte. Das jedenfalls ersteres nicht zutrifft, kündigte bereits Warnfried Altmann in seiner Anmoderation an. Letzteres könnte da eher stimmen, denn das Konzert begann mit sphärischen Klängen, Geräuschen wie aus Science-Fiction-Filmen, die Alexander Daniel auf seinen diversen elektronischen Instrumenten und Synthesizern mixt, von Roko Zaharievs Trompete als tragendem Element überlagert, von Bass und Schlagzeug begleitet. Mehr Sound-Experiment als Musik, etwas auf den ersten Blick schwer einzuordnendes. Zugleich auch etwas zeitloses, wenn man die Augen schloß und den Klängen lauschte, kam vielleicht ein Bild von StarTrek vor Augen, mit einem Raumschiff auf der Reise durch die tiefe Schwärze des Alls. Mitunter hörte man auch Anklänge an Elektronikpioniere wie Klaus Schulze oder Tangerine Dream. Später auch wieder eher akustische Töne, etwa wenn Zahariev leise und in sich gekehrt auf diversen Percussion-Instrumenten spielte, wenn die Musik von Trompete, Bass und Schlagzeug bestimmt wurde.


Die Musik der Band wurde in weiten Teilen vom Improvisieren bestimmt; es gab lange Strecken, in denen die Musiker sich einfach von den Inspirationen treiben ließen, die jeweils einer von ihnen mit kleinen Melodien vorgab. "We are on a flying carpet", sang Roko Zahariev in einem der Stücke zutreffend und sagte später zur Musik der Band: "We are no dealing with something before or after, we are dealing with now". Womit er die Art beschrieb, ohne vorherige Vorgabe das in Töne umzusetzen, was im Augenblick passiert.

Im Pausengespräch ordnete Roko Zahariev die Höreindrücke in einen noch weiteren Zusammenhang ein. "Wir kommen aus ganz unterschiedlichen musikalischen Bereichen", sagte er, "und sind von Free Jazz ebenso inspiriert wie von nativer afrikanischer oder indianischer Musik, aber auch Electronic oder Punk". Und fügt, nach dem Konzept der Musik gefragt,  hinzu, daß es bewußt keines gebe. "Wir sprechen vor jedem Konzert über die Vorstellungen, und da ist die Musik jeden Tag etwas anders". So entstehen aus der Mischung der vielfältigen Einflüsse groovige, elektronisch geprägte Klänge, die zu keinem exakten Genre zu gehören scheinen.


Freitag, 16. Januar 2015

Gedenkkonzert: "Ein wahres Elend der verdammte Krieg"

Mit dem Neuen Magdeburger Kammerchor unter der Leitung von Christian Hoffmann,
Johanna Mohr (sopran),
Warnfried Altmann (sax)
Hermann Naehring (dr, perc)
Friederike Franke

Der bezeichnende Titel "Ein wahres Elend, der verdammte Krieg" stand schon über vielen Konzerten, die es zum Gedenken an die Zerstörung der Stadt Magdeburg im Forum Gestaltung gab. Zunächst im Saal und als Begleitung einer Filmcollage über Krieg, Zerstörung und Untergang aufgeführt – nun schon zum zweiten Mal in der Kombination von Chor, Saxophon und Schlagwerk und diesmal mit einer zusätzlichen Solo-Stimme.

Begonnen hatte das Konzert aber mit einer Lesung, aus dem Tagebuch von Lena Muchina. Still wurde es im flammenrot-düster beleuchteten Treppenhaus des Forum Gestaltung, als Friederike Franke Berichte aus dem Kriegswinter 1941/42 las. Berichte einer jungen Frau, die in Belagerung eingeschlossen Kälte und Hunger erlebt – und nach und nach den Tod aller ihrer Angehörigen. Da war nichts von heroischem Heldenmut zu spüren, nur Verzweiflung und Not. "Jetzt bin ich allein", endete der Auszug aus dem Tagebuch. Der Hinweis auf Leningrad als Ort des Geschens war da allenfalls zur historischen Einordnung des Gehörten wichtig, denn so oder ähnlich ging es damals Millionen und geht es auch noch heute. So lenkte Norbert Pohlmann mit seiner Inszenierung des Programm wie schon in den Vorjahren den Blick von der Zerstärung Magdeburg aus in einen größeren Zusammenhang, auf das universelle Leid der Zivilbevölkerung.

Friederike Franke

In die wieder einsetzende Stille mischten sich leise Stimmen, die erst allmählich als die Worte "Nie wieder Krieg" erkennbar wurden. Stimmen der Sänger und Musiker, die langsam das Foyer betraten und sich zu einem Chor formierten, der das "Nie wieder Krieg" in an- und abschwellende Sirenentöne formte. Ein Chor, der wie in der antiken Tragödie das Geschehen und die Gefühle kommentierend zusammenfaßt, ohne selbst eingreifen zu können.

Der Neue Magdeburger Kammerchor
Warnfried Altmann, Johanna Mohr
und Hermann Naehring

Der Chorgesang und Johanna Mohrs darüberliegender Sopran wurden von Hermann Naehrings lautem Schlagwerk kontrastiert, das die Granaten- und Bombenschläge nachbildend den Chor übertönte und in das Warnfried Altmanns Saxophon sich schreiend einmischte. Damit war der Krieg auch musikalisch angekommen.

Im Mittelteil des Konzertes bezogen die Musiker den kompletten Raum in ihre Aufführung ein. Der Chor hatte sich auf der oberen Etage aufgestellt, unsichtbar für die Zuhörer, und sang dort Stücke eines Requiems, während unten Naehring und Altmann spielten. Ein akustisches Experiment, das gleichwohl zu Stimmung und Anlaß des Konzertes paßte, hatten doch die langsam und getragen gesungenen Chorsätze durch den Hall des Raumes etwas erhabenes und zugleich mystisches.

Im dritten Konzertteil stand der Chor wieder auf der Treppe im Foyer und begleitete nochmals Johanna Mohr. Der Chorgesang, von Johanna Mohr gesungene Liedfragmente und von Altmann auf dem Saxophon gespielte Musik, in der man gelegentlich auch ein "Auferstanden aus Ruinen" heraushören konnte, verwoben sich zu einer eigenartigen Mischung, die schließlich mit dem leise ausklingenden "Nie wieder Krieg" des Chores endete.


Anschließend Schweigen, das lange anhielt, ehe das Publikum zögernd Applaus spendete. Zögernd darüber, ob man aus diesem Anlaß überhaupt klatschen darf oder soll. Und in der Tat gab es früher auch Konzerte, in denen das Publikum noch lange still sitzen blieb und erst allmählich und leise herausging.
Nicht lange nach dem Konzert ertönten überall in der Stadt und auch vor der Tür des Forum Gestaltung deutlich vernehmbar die Kirchenglocken, an den Beginn des Bombenangriffs erinnernd, der Magdeburg zerstören sollte.

Bleibt zum Schluß – und nicht zum ersten mal – die Frage, wie man über solche Musik schreiben soll und kann. Darf man ein solches Konzert überhaupt "schön" nennen. Ja, man darf. Es war ein schönes, ein ausgezeichnetes, ein wichtiges Konzert. Und was die Künstler geboten haben, war großartig. Allen voran der Neue Magdeburger Kammerchor, der sich in dieser Musik weit abseits von herkömmlichem Liedgut bewegte.


Dienstag, 6. Januar 2015

Vorschau Januar

Am Montag, dem 19.01.2015 um 20 Uhr heißt es wieder Jazz! Entdeckungen im Schauspielhaus. Diesmal mit FlyWe2TheMoon (Bulgarien):
Roko Zahariev – Trompete, Percussion
George Donchev – Bass
Todor Stoyanov – Keyboards
Alexander Daniel – Schlagzeug
Der Name der Band, FlyWe2TheMoon, mag etwas verwirren, hat man doch dabei gleich die Melodie von Fly me to the moon im Ohr (und dann wahrscheinlich in der bekanntesten Interpretation, mit Frank Sinatra als Sänger). Dabei hat die Musik von FlyWe2TheMoon nicht das mindeste mit Sinatras bekanntem Lied zu tun.  Statt eingängiger Lieder erwarten uns "spontane Klangskulpturen", die aus freier Improvisation heraus entstehen, wie die Musiker auf der Webseite der Band schreiben. Den dort verlinkten Tonschnipseln nach entstehen aus diesem Zusammenspiel durchaus melodische Klänge, durch die verwendete Elektronik groovig klingend, Musik wie für den modernen Clubsound gemacht.