Montag, 15. Dezember 2014

Sholar, Allen, Reyes

Auf der Bühne von Jazz! Entdeckungen im Schauspielhaus standen heute
Kelvin Sholar (USA) – Piano, Keyboards, electronics
Daniel "El Congo" Allen (Kuba) – Trompete, congas
Javier Reyes (Kolumbien) – Schlagzeug


Bevor die Band mit dem Konzert begann, sprach Kelvin Sholar von der Rolle der Musik als "der einen weltweiten Sprache", mit ihrer die Menschen verbindenden Funktion. Und er dankte Warnfried Altmann dafür, daß er mit der Organisation der Konzerte immer wieder Musiker und Publikum zusammenbringt. "Wir können überall auf der Welt spielen", sagte er, aber "es braucht Leute wie Altmann, die begreifen, wo neue Musik entsteht und die helfen, diese Musik weiter zu verbreiten".

Sholar führt in seinem Musikprojekt "XO" völlig unterschiedliche Welten zusammen, wenn er laute, computergenerierte elektronische Klangmuster als Grundlage nimmt und damit die akustischen Instrumente, auf denen teilweise auch Jazz-Standards erklingen, in eine ungewohnte Umgebung bringt. Daraus entsteht eine kräftige Musik, die in ihrer ungewohnten Mischung wohl recht einzigartig sein dürfte. Was mitunter zu dem Problem führt, daß auch unterschiedliche Publikumserwartungen aufeinandertreffen, wie Sholar im Pausengespräch sagte. Was nicht für das Magdeburger Publikum gilt – denn das ist schon seit Jahren damit vertraut, ja geradezu neugierig darauf, in der monatlichen Jazzreihe im Schauspielhaus immer wieder auf ungewöhnliche Klänge zu stoßen, auf "Neues von der improvisierten Musik" (in Anlehnung an den Untertitel einer Jazz-Sendung im DLF).

Kelvin Sholar, Daniel "El Congo" Allen und Javier Reyes

Sholar mischte zu Beginn elektronische Klänge in lateinamerikanische Rhythmen, in die sich Daniel "El Congo" Allen an den Congas und Javier Reyes an den Drums gegenseitig hinein steigerten.War das erste Stück laut und mitreißend, war das zweite das Gegenteil. Sholar spielte am Flügel solo, leise und leicht dahin gespielte Melodien. Als er begann dazu wie nebenbei mitzusingen, hatte das etwas sehr privates, es war als käme man als Zuhörer zufällig in einem Moment dazu, in dem der Musiker sich unbeobachtet fühlend nur so vor sich hin spielt. So ruhig blieb es aber nur kurz. Später mischte sich El Congos Trompete hinein, gab Reyes den Rhythmus vor, und plötzlich klang die Musik wie aus der großen Big-Band- und Swing-Zeit. Wenn Sholar eingangs versprach, das Publikum auf ein Experiment mitzunehmen, dann galt das auch für die elektronische Verfremdung der Trompetenklänge, die gesampelt und Echos gleich vervielfältigt  wurden, zu Klangmustern wuchsen. Man fühlte sich in ein Klanglabor versetzt, es blubberte und schwirrte durch den Raum. Duke Ellingtons Klassiker It Don’t Mean a Thing If It Ain’t Got That Swing, am Klavier angespielt, mal von der Trompete aufgenommen,mal nur noch im Rhythmus erkennbar, wurde zu einer langen, phantasievollen Improvisation. Ja, das hatte Swing.
Musikalisch saß Sholar zwischen allen Stilen (wenn mir das etwas banale Wortspiel erlaubt sei), wenn er nach harten Elektrobeats wieder in die akustischen Tasten griff und Jazzstandards spielte. Im Rhythmus-Wettlauf gegen zwei Schlagzeuger (Allen an den Congas und Reyes an den Drums) antretend – wer da wen vrantrieb (und wer das Rennen begann) war nicht klar zu entscheiden, so wild wurde die Musik. Zusammen mit den wieder einsetzenden Elektroklängen wurde die Bühne zu einer großen Drum-Machine, das Pendant zu den Posaunen von Jerichow. 

So kräftige Musik wie heute hatte Jazz in der Kammer schon lange nicht erlebt. Teils war die Musik laut, wie für eine große Festivalbühne gedacht, es fehlten nur Nebelmaschine und bewegte Scheinwerfergruppen. Dann wieder bestimmten die akustischen Instrumente den Ton. Mag die Musik einem Anhänger traditionellen Jazz' teilweise zu modern geklungen haben, für mich war sie ein Erlebnis. Erinnerten mich doch die eletronischen Klänge, auch an lange zurückliegende Jahre, als ich derartiges von Tangerine Dream oder Klaus Schulze hörte. Nur stand die Elektronik bei Sholar nicht im Vordergrund, war auch nicht bloße technische Spielerei. Der Sound-Mix der Band zeigte das gekonnte Bewegen in völlig unterschiedlichen Welten. 

Zuletzt: bei einem Dezember-Konzert liegt ja Weihnachten nahe. Nein, damit hatte das Konzert kein bischen zu tun. Eher war es ein Kontrastprogramm zur im Dezember allzuoft besinnlichen seichten Weihnachtsmusik.



Bonusmaterial:
Kelvin Sholar hat in seinem Youtube-Kanal zwei Videos vom Magdeburger Konzert veröffentlicht, die einen kleinen Eindruck von der Musik geben.

 


Mittwoch, 10. Dezember 2014

Vorschau Dezember

Am Montag, dem 15.12.14 um 20 Uhr gibt es das nächste Konzert von Jazz! Entdeckungen im Schauspielhaus. Dann stehen Sholar, Allen and Reyes auf der Bühne.

Kelvin Sholar (USA) – Piano, Keyboards, electronics
Daniel "El Congo" Allen (Kuba) – Trompete, congas
Javier Reyes (Kolumbien) – Schlagzeug
Ein kubanischer Trompeter und ein Pianist aus den USA werden von einem kolumbianischen Schlagzeuger begleitet. Das verspricht rhythmische und kräftige Musik, die irgendwo im Grenzbereich zwischen Jazz und Electronic liegt!


Kelvon Sholar stammt aus den USA, hat dort bereits etwa 100 CDs aufgenommen und weltweit auf Festivals gespielt. Sein aktuelles Projekt ist "XO". Mit dem Titel spielt er auf die Überschreitung der Grenzen von Jazz, Klassik und Elektronik an und will darin den Detroit Techno mit dem Jazz verbinden. Mit XO nimmt Sholar in wechselnden Besetzungen sein früheres Projekt "New Detroit" wieder auf, mit dem er auf dem Electronic Festival "Berlin Music Days"auftrat.

Daniel Allen spielt bereits seit der frühen  Jugend Trompete. Später ging er nach Europa und stand dort mit zahlreichen Jazz-Größen auf der Bühne, beispielsweise mit Earth Wind and Fire, Lauren Hill, Zap Mama, Dave Brubeck, los Van Van, Raul Paz, UB 40, Sargento Garcia, Jimi Tenor, Max Herre,  Morgan Heritage, Sly & Robbie, Jean Paul, Marilyn Mason, Buju Banton und Eric Clapton.

Javier Reyes kommt aus Kolumbien, hat in Kuba Schlagzeug studiert und lebt heute in Berlin.