Montag, 15. Dezember 2014

Sholar, Allen, Reyes

Auf der Bühne von Jazz! Entdeckungen im Schauspielhaus standen heute
Kelvin Sholar (USA) – Piano, Keyboards, electronics
Daniel "El Congo" Allen (Kuba) – Trompete, congas
Javier Reyes (Kolumbien) – Schlagzeug


Bevor die Band mit dem Konzert begann, sprach Kelvin Sholar von der Rolle der Musik als "der einen weltweiten Sprache", mit ihrer die Menschen verbindenden Funktion. Und er dankte Warnfried Altmann dafür, daß er mit der Organisation der Konzerte immer wieder Musiker und Publikum zusammenbringt. "Wir können überall auf der Welt spielen", sagte er, aber "es braucht Leute wie Altmann, die begreifen, wo neue Musik entsteht und die helfen, diese Musik weiter zu verbreiten".

Sholar führt in seinem Musikprojekt "XO" völlig unterschiedliche Welten zusammen, wenn er laute, computergenerierte elektronische Klangmuster als Grundlage nimmt und damit die akustischen Instrumente, auf denen teilweise auch Jazz-Standards erklingen, in eine ungewohnte Umgebung bringt. Daraus entsteht eine kräftige Musik, die in ihrer ungewohnten Mischung wohl recht einzigartig sein dürfte. Was mitunter zu dem Problem führt, daß auch unterschiedliche Publikumserwartungen aufeinandertreffen, wie Sholar im Pausengespräch sagte. Was nicht für das Magdeburger Publikum gilt – denn das ist schon seit Jahren damit vertraut, ja geradezu neugierig darauf, in der monatlichen Jazzreihe im Schauspielhaus immer wieder auf ungewöhnliche Klänge zu stoßen, auf "Neues von der improvisierten Musik" (in Anlehnung an den Untertitel einer Jazz-Sendung im DLF).

Kelvin Sholar, Daniel "El Congo" Allen und Javier Reyes

Sholar mischte zu Beginn elektronische Klänge in lateinamerikanische Rhythmen, in die sich Daniel "El Congo" Allen an den Congas und Javier Reyes an den Drums gegenseitig hinein steigerten.War das erste Stück laut und mitreißend, war das zweite das Gegenteil. Sholar spielte am Flügel solo, leise und leicht dahin gespielte Melodien. Als er begann dazu wie nebenbei mitzusingen, hatte das etwas sehr privates, es war als käme man als Zuhörer zufällig in einem Moment dazu, in dem der Musiker sich unbeobachtet fühlend nur so vor sich hin spielt. So ruhig blieb es aber nur kurz. Später mischte sich El Congos Trompete hinein, gab Reyes den Rhythmus vor, und plötzlich klang die Musik wie aus der großen Big-Band- und Swing-Zeit. Wenn Sholar eingangs versprach, das Publikum auf ein Experiment mitzunehmen, dann galt das auch für die elektronische Verfremdung der Trompetenklänge, die gesampelt und Echos gleich vervielfältigt  wurden, zu Klangmustern wuchsen. Man fühlte sich in ein Klanglabor versetzt, es blubberte und schwirrte durch den Raum. Duke Ellingtons Klassiker It Don’t Mean a Thing If It Ain’t Got That Swing, am Klavier angespielt, mal von der Trompete aufgenommen,mal nur noch im Rhythmus erkennbar, wurde zu einer langen, phantasievollen Improvisation. Ja, das hatte Swing.
Musikalisch saß Sholar zwischen allen Stilen (wenn mir das etwas banale Wortspiel erlaubt sei), wenn er nach harten Elektrobeats wieder in die akustischen Tasten griff und Jazzstandards spielte. Im Rhythmus-Wettlauf gegen zwei Schlagzeuger (Allen an den Congas und Reyes an den Drums) antretend – wer da wen vrantrieb (und wer das Rennen begann) war nicht klar zu entscheiden, so wild wurde die Musik. Zusammen mit den wieder einsetzenden Elektroklängen wurde die Bühne zu einer großen Drum-Machine, das Pendant zu den Posaunen von Jerichow. 

So kräftige Musik wie heute hatte Jazz in der Kammer schon lange nicht erlebt. Teils war die Musik laut, wie für eine große Festivalbühne gedacht, es fehlten nur Nebelmaschine und bewegte Scheinwerfergruppen. Dann wieder bestimmten die akustischen Instrumente den Ton. Mag die Musik einem Anhänger traditionellen Jazz' teilweise zu modern geklungen haben, für mich war sie ein Erlebnis. Erinnerten mich doch die eletronischen Klänge, auch an lange zurückliegende Jahre, als ich derartiges von Tangerine Dream oder Klaus Schulze hörte. Nur stand die Elektronik bei Sholar nicht im Vordergrund, war auch nicht bloße technische Spielerei. Der Sound-Mix der Band zeigte das gekonnte Bewegen in völlig unterschiedlichen Welten. 

Zuletzt: bei einem Dezember-Konzert liegt ja Weihnachten nahe. Nein, damit hatte das Konzert kein bischen zu tun. Eher war es ein Kontrastprogramm zur im Dezember allzuoft besinnlichen seichten Weihnachtsmusik.



Bonusmaterial:
Kelvin Sholar hat in seinem Youtube-Kanal zwei Videos vom Magdeburger Konzert veröffentlicht, die einen kleinen Eindruck von der Musik geben.

 


Mittwoch, 10. Dezember 2014

Vorschau Dezember

Am Montag, dem 15.12.14 um 20 Uhr gibt es das nächste Konzert von Jazz! Entdeckungen im Schauspielhaus. Dann stehen Sholar, Allen and Reyes auf der Bühne.

Kelvin Sholar (USA) – Piano, Keyboards, electronics
Daniel "El Congo" Allen (Kuba) – Trompete, congas
Javier Reyes (Kolumbien) – Schlagzeug
Ein kubanischer Trompeter und ein Pianist aus den USA werden von einem kolumbianischen Schlagzeuger begleitet. Das verspricht rhythmische und kräftige Musik, die irgendwo im Grenzbereich zwischen Jazz und Electronic liegt!


Kelvon Sholar stammt aus den USA, hat dort bereits etwa 100 CDs aufgenommen und weltweit auf Festivals gespielt. Sein aktuelles Projekt ist "XO". Mit dem Titel spielt er auf die Überschreitung der Grenzen von Jazz, Klassik und Elektronik an und will darin den Detroit Techno mit dem Jazz verbinden. Mit XO nimmt Sholar in wechselnden Besetzungen sein früheres Projekt "New Detroit" wieder auf, mit dem er auf dem Electronic Festival "Berlin Music Days"auftrat.

Daniel Allen spielt bereits seit der frühen  Jugend Trompete. Später ging er nach Europa und stand dort mit zahlreichen Jazz-Größen auf der Bühne, beispielsweise mit Earth Wind and Fire, Lauren Hill, Zap Mama, Dave Brubeck, los Van Van, Raul Paz, UB 40, Sargento Garcia, Jimi Tenor, Max Herre,  Morgan Heritage, Sly & Robbie, Jean Paul, Marilyn Mason, Buju Banton und Eric Clapton.

Javier Reyes kommt aus Kolumbien, hat in Kuba Schlagzeug studiert und lebt heute in Berlin.

Montag, 17. November 2014

Carniaux, Maurer, Maneri und Ban

Ryan Carniaux – Trompete
Albrecht Maurer – Violine
Mat Maneri – Viola
Lucian Ban – Piano


Wieder einmal war das Foyer des Schauspielhauses sehr gut gefüllt, mußten noch einige Stühle herangeholt werden. Warnfried Altman freute das sichtlich, konnte er doch in seiner Anmoderation sehr viele neue Gesichter zu den monatlichen zwei Stunden improvisierter Musik begrüßen und auch gleich zum nächsten Konzert einladen.

Instrument der Saison 2014/15 von Jazz! Entdeckungen im Schauspielhaus ist die Trompete. Bei diesem für gewöhnlich lauten Instrument ist man geneigt, sich wegen der Lautstärke besser gleich ein Stück weiter weg zu setzen. Nicht so bei Ryan Carniaux, der seine Trompeten sehr gut an die (wenn auch verstärkten) leiseren Instrumente anpaßte. Gerade meinte man noch, die Streicher stimmten ihre Instrumente, da entwickelte sich daraus bereits das erste Stück, mischten sich Albrecht Maurers und Mat Maneris zarte Streicherklänge in einen improvisierten Dialog von Lucian Ban am Piano und Ryan Carniaux an der Trompete.

Ein weiteres Stück, "Elysium Planitium", stammte von der CD "Mars" des Syntopia Quartetts, jetzt für die aktuelle Besetzung adaptiert. "Wir ließen uns damals von den Fotos des Mars-Rovers von der Oberfläche des roten Planeten inspirieren", sagte Maurer dazu. Da kommt der Mars (anders als zum Beispiel beim Planeten-Komponisten Gustav Holst) diesmal nicht als Kriegsgott daher – auf dem Planeten wird zu eher sanften Melodien getanzt.

Vor der Pause wurde es dann noch mal kräftiger, als Lucian Ban unter Pedaleinsatz Melodien ineinander überfließen läßt, unter viel Pedaleinsatz melodisch-harmonisch in die Tasten greift. Daraus entsteht der Sound vom Label ECM (wo das Album von Lucian Ban und Mat Maneri "Transsilvanian Concert" erschienen ist). Piano und Streicher begleiten und erweisen sich einmal mehr als Meister der leisen Töne. 

Der zweite Set beginnt experimentell und dennoch leise, als die vier Musiker einen ruhigen, meditativen Klangteppich weben, als einen Hintergrund, aus dem dann und wann die Trompete hervortönte. "Aura" nannten sie das Stück, und erklärten den Begriff als "etwas, was jeder hat, aber niemand sieht". "Fantasm", das Titelstück der aktuellen CD, ist dann wiederum schon mehr Neue Musik als Jazz, etwas, in dem sich zwei benachbarte Welten mischen.

Die Musiker durften nicht ohne Zugabe nach Hause gehen. Es gab (zur gerade beendeten Rumänien-Tournee ebenso passend wie zur bald beginnenden Adventszeit) ein transsilvanisches Weihnachtslied. Wenn Maurer dazu sagte "Find your way, it's not the one", dann konnte das auch für den Inhalt des Weihnachtsliedes gelten (wo ja in der Weihnachtsgeschichte auch alle irgendwohin unterwegs sind). Damit ging ein großartiger Abend mit neuen musikalischen Welten zu Ende, die auf dem Weg nach Hause noch nachklangen.


Donnerstag, 13. November 2014

Vorschau November

Am Montag, dem 17.November 2014 um 20 Uhr sind im Magdeburger Schauspielhaus zu Gast: 
Carniaux,  Maurer, Maneri and Ban (USA, D, Rumänien)
Ryan Carniaux – Trompete
Albrecht Maurer – Violine
Mat Maneri – Viola
Lucian Ban – Piano

Die Zusammensetzung des Quartetts ist sehr ungewöhnlich, denn Streicher kommen im Jazz für gewöhnlich als Baß vor. Mit Violine und Viola stehen zwei normalerweise sehr zart klingende Instrumente einer lauten Trompete und einem kräftigen Klavier gegenüber. Der erste Gedanken beim Lesen der Besetzung: Kann das funktionieren? Hört man in die sehr sanft gespielten Beispiele von Ryan Carniauxs Trompete auf dessen Webseite rein, dann wird die Antwort wohl "ja" lauten. Albrecht Maurer wiederum war bereits vor fünf Jahren bei Jazz in der Kammer zu Gast, mit dem Kent Carter String Trio als reinem Streicher-Ensemble und gleichfalls mit Violine und Viola. Auch Lucian Bans Klavierbeispiele machen neugierig, schließlich erschien seine aktuelle CD (gemeinsam mit Mat Maneri) bei ECM und weist den für dieses Label typischen sphärischen Sound auf. Und so warte ich schon ebenso gespannt wie neugierig auf den kommenden Jazz-Abend.

Montag, 20. Oktober 2014

The Tigers of Love

"The Tigers of Love":
Alexander Beierbach – Tenorsaxophon
Steffen Faul – Trompete
Andreas Lang – Bass
Uli Jenneßen – Schlagzeug


Gleich zu Beginn spielten die Tigers of Love wild drauf los, anfangs mochte man noch Anklänge an Old-time Jazz heraushören. Die Musik jedoch wurde zunehmende furioser, zu den Bläsern kam ein Klangrausch vom Schlagzeug. Dabei lebte die Musik von Abwechslungen – das zweiten Stück stand mit der gedämpften Trompete im Kontrast zum ersten. Statt laut und aggressiv klang sie leise und melancholisch und begleitete ein Duo von Baß und Schlagzeug. Gleich darauf spielten Trompete und Saxophon beinahe im Gleichklang, die nach oben offene Lautstärkeskala immer weiter erklimmend. Die Mischung von Solo und Ensemble war dabei aber gut abgestimmt, und so war es bei aller Lautstärke etwas, bei dem mir gelegentlich mit etwas Augenzwinkern die Bezeichnung "gepflegter Krach" auf der Zunge liegt. An solchen Stellen finde ich immer wieder interessant, wie sich aus zunächst nur laut erscheinenden Musikstrecken allmählich Muster abzeichnen.

Überhaupt teilten auch die Musiker ihren Spaß an der Musik mit ihren Zuhörern. Etwa wenn Alexander Beierbach den "Prokrastinations-Blues" mit den Worten ankündigt "der ist noch nicht fertig geworden, da müssen Steffen und ich uns noch etwas ausdenken – machen wir aber noch". Oder wenn ein Stück "waber" heißt und in der Tat die Töne einer dissonanten Mischung aus Saxophon und Trompete über die Bühne zu wabern schienen.

Die Musiker standen vollständig unverstärkt auf der Bühne des Schauspielhauses – in dem recht kleinen Raum bei den Bläsern und dem Schlagzeug normal, daß dabei aber auch der Baß hörbar blieb, zeigte den gekonnten Umgang der Musiker miteinander. Es lag aber auch am kräftigen Spiel von Andreas Lang, der sein Instrument zeitweise mit weit ausholenden Bewegungen geradezu malträtierte. Etwas was man unbedingt live erleben muß. Aber auch wie er nach einem lauten Bläser-Duo den Baß in seinem Solo ganz zart und mit klarer Melodie klingen läßt und die Kontraste der Musik die Sinne schärfen.

Als Zugabe wurde "You look like dehydrating" gespielt, mit einer Anekdote aus einer USA-Tournee, einer Geschichte aus der Wüste, bei der die Musiker den Satz "You look like dehydrating" zu hören bekamen, und die Zuhörer im Konzert dann die Fortsetzung des Satzes als Pointe und zugleich als Schluß des Stückes hörten: "Quick, take a beer". Und das hatten sich die vier Musiker dann auch wirklich verdient.

Eine Anmerkung zum Schluß, und weil ich mir die Musik der Band zuvor online angesehen hatte – vergeßt Youtube-Filme, schaut und hört Euch die Musik der Tigers of Love im Konzert an! (Letzteres sollte man sowieso immer machen, davon leben Musik und Musiker gleichermaßen...)


Jazz in der Kammer geht in das 25. Jahr

Warnfried Altmann stand zu Beginn des ersten Jazzabends der neuen Saison vor vollem Haus auf der Bühne im Foyer des Magdeburger Schauspielhauses und konnte neben der Ankündigung der Band und der Vorschau auf das nächste Konzert auch verkünden, daß Jazz im Schauspielhaus in die 25. Saison startet. Damit ist die 1990 als Jazz in der Kammer begonnene Jazzreihe die älteste in Magdeburg.


Mittwoch, 15. Oktober 2014

Vorschau Oktober

Am Montag, dem 20. Oktober 2014 startet die 1990 als "Jazz in der Kammer" gegründete Magdeburger Jazzreihe in in ihre 25. Saison. Dazu einen herzlichen Glückwunsch an Warnfried Altmann und an das Magdeburger Schauspielhaus!

Für die neue Konzertsaison hat Organisator Warnfried Altmann ein verbindendes Element über alle neun Konzerte gestellt. Es ist dies ein in allen Konzerten gemeinsames Instrument: die Trompete.

Den Auftakt machen die Musiker um Trompeter Steffen Fauls mit ihrem Projekt "The Tigers of Love".
Steffen Faul – Trompete
Alexander Beierbach – Tenorsaxophon
Andreas Lang – Bass
Uli Jenneßen – Schlagzeug


Auf der Bandwebseite sind einige Soundfiles anzuhören, die bereits einen Vorgeschmack auf den kommenden Konzertabend geben. Kräftige Bläserklänge geben den Ton an, den Bass und Schlagzeug nur noch begleiten können. Klangstrukturen, die Spaß am experimentieren zeigen – und wohl sehr weit von seichten Jazzkompositionen entfernt sind.

Dienstag, 30. September 2014

Warnfried Altmann bei »Johansen«

Kürzlich war der Organisator und musikalische Leiter von »Jazz in der Kammer« bzw. »Jazz. Entdeckungen im Schauspielhaus« zu Gast bei Lars Johansen im Offenen Kanal Magdeburg. Der Mitschnitt des dreiviertelstündigenen Interviews, in dem er Auskunft über sein Leben und seine Arbeit als Musiker, Saxophonist und Komponist gibt, kann bei Youtube angesehen werden:

Dienstag, 24. Juni 2014

Vorschau 2014/15

Jetzt ist hier erst mal Sommerpause – und damit grad die richtige Zeit, schon mal einen Blick auf die kommende Spielzeit zu werfen. Dann wird Jazz! Entdeckungen im Schauspielhaus erstmals ein "Instrument des Jahres" haben, das als verbindendes Element in allen Konzerten eine Rolle spielen wird: die Trompete. Ob nun als Soloinstrument im Vordergrund oder als Begleitung anderer, es gibt viele Möglichkeiten, die Trompete einzusetzen und ebenso gibt es auch sehr unterschiedliche Ausführungen dieses Instrumentes. Deshalb ist in den Konzerten eine interessante Mischung ganz unterschiedlicher Musik zu hören.

20.10.14 The Tigers of Love
Steffen Faul – Trompete
Alexander Beierbach – Tenorsaxophon
Andreas Lang – Bass
Uli Jenneßen – Schlagzeug

17.11.14 Carniaux,  Maurer, Maneri and Ban (USA, D, Rumänien)
Ryan Carniaux – Trompete
Albrecht Maurer – Violine
Mat Maneri – Viola
Lucian Ban – Piano

15.12.14 Roberto and Sholar (Cuba, USA)
Daniel Allen Roberto – Trompete
Kelvin Sholar – Piano
Keyboards, N.N. - Bass
N.N. - Schlagzeug

19.01.15 FlyWe2TheMoon (Bulgarien)
Roko Zahariev – Trompete
Percussion, George Donchev – Bass
Todor Stoyanov – Keyboards
Alexander Daniel – Schlagzeug

16.02.15 The outer string trio (Schweiz)
Werner Hasler – Trompete, Electronics
Vincent Courtois – Violoncello
Julian Sartorius – Schlagzeug

16.03.15 Pron, Dell, Ramond and Kugel (RUS, D)
Sergey Pron – Trompete
Christopher Dell – Vibraphon
Christian Ramond – Bass
Klaus Kugel – Schlagzeug

20.04.15 Arthurs, Hülsmann, Muellbauer and Köbberling (UK, D)
Tom Arthurs – Trompete
Julia Hülsmann – Piano
Marc Muellbauer – Bass
Heinrich Köbberling – Schlagzeug

18.05.15 Blume
Magnus Schriefl – Trompete, Komposition
Wanja Slavin – Altsaxophon
Bernhard Meyer – Bass
Peter Gall – Schlagzeug

15.06.15 played 1000 (Belgien, D, NL, USA)
Bart Maris – Trompete
Jan Klare – Saxophone
Wilbert de Joode – Bass
Michael Vatcher – Schlagzeug

Montag, 16. Juni 2014

Hanschel Fügemann Mussawisade

Heute war nicht nur der Jazz-in-der-Kammer-Termin, sondern auch das erste Spiel der deutschen Fußballmannschaft in Brasilien bei der Fi-Fa-Fußball-Weltmeisterschaft. So zweifelte Warnfried Altmann noch kurz vor Beginn des Konzertes, ob sich überhaupt ein paar Konzertbesucher zusammenfinden würden. Diese Sorge war jedoch unbegründet, das Konzert war trotz Fußball gut besucht. Und die Konzertbesucher konnten einen interessanten Jazz-Abend als musikalische Alternative zum Fußball genießen. Auf der Bühne im Magdeburger Schauspielhaus standen:

Roger Hanschel – Saxophon
Elisabeth Fügemann – Violoncello
Afra Mussawisade – Percussion


Roger Hanschel stellte in Magdeburg seine allerneueste CD vor (die es noch gar nicht als CD gibt – die Aufnahmen laufen gerade, und auch im Magdeburger Schauspielhaus wurde mitgeschnitten). Hanschels sehr anspruchsvolle Kompositionen beginnen mit einem Charlie Mariano gewidmeten Stück, zunächst sehr sacht, mit beinahe unhörbar leisen Tönen auf dem Cello und dem Saxophon, die – wären da nicht die allmählich einsetzenden Dissonanzen – beinahe an eine Waldsinfonie deutscher Romantiker denken lassen. Mal meint man auch Reverenzen an Rimsiki-Korsakows Hummelflug zu hören, mal Debussy. Doch bald entwickeln sich aus den anfänglich ruhigen Tönen komplizierte Klangstrukturen, in denen man als Zuhörer schon meint, den musikalischen Faden zu verlieren, bis sich wenig später das musikalische Chaos auflöst wie ein Nebelvorhang in der Morgensonne. Hervor tritt eine klare Melodie, von Mussawisades Rhythmen orientalisch geprägt. Eine komplizierte Musik, bei der vor allem das Können der Cellistin gefordert ist. 

Später nimmt Hanschel in seinem ansonsten akustischen Konzert die elektronische Loopstation zu Hilfe, um sein Saxophon zu verdoppeln, seine Töne den zuvor live eingespielten zu überlagern. Zarte Schwebungen entstehen so, die er in seinem langen Saxophon-Solo einer minimalistischen Musik gleich in langen Folgen wiederholt. Wenn er eben noch  laut und kräftig spielte, so klingt das Saxophon nun beinahe unhörbar leise. Vor der Pause wurde es dann nochmal laut und kräftig, als sein eben noch ruhiges Stück (mit dem passenden Titel "Beruhigung II") übergangslos in das nächste übergeht. "Personal Dharma" nennt es Hanschel und versteht es der buddhistischen Bedeutung des Wortes gemäß als Beschreibung seiner Lebensauffassung, seiner Musik. Eine Musik, die er mit seinem Saxophon bestimmt, von Cello und Percusssion dabei unterstützt.

Im zweiten Set des Abends erklangen bereits etwas ältere Stücke Hanschels. So die seinen Söhnen gewidmeten Kompositionen "Leander" und "Levin". Hier kam Elisabeth Fügemanns Können am Cello zum vollen Ausdruck, wenn sie es nicht nur auf herkömmliche Weise spielte, sondern auch den Obertonumfang des Instrumentes nutzte, sich auf experimentelle Klänge einließ. Ebenso begeistert sie auch in dem Stück "Extrembiose", dessen Titel sich vielleicht als extremste Symbiose zweier Instrumente interpretieren lassen kann. Fügemann streicht nicht nur die Saiten, sie erzeugt Stakkatotöne mit dem darauf geschlagenen Bogen, interagiert mit Hanschels langen Saxophonsätzen und Mussawisades Rhythmen.

Das Konzert war keine leichte Kost vor der Sommerpause, sondern eine intensive Musikerfahrung mit drei großartigen Musikern.



Donnerstag, 12. Juni 2014

Vorschau Juni

Der nächste Montags-Jazz-Termin – zugleich der letzte vor der Sommerpause – ist schon wieder nahe herangerückt: Am Montag dem 16.06.14 um 20 Uhr spielen Hanschel, Reijseger, Mussawisade im Schauspielhaus:

mit 
Roger Hanschel – Saxophon
Ernst Reijseger – Violoncello
Afra Mussawisade – Percussion

Roger Hanschel war  bereits vor drei Jahren zu Gast bei Jazz in der Kammer und begeisterte mit seinem Projekt Heavy Rotation. Am Montag steht in Magdeburg eine Uraufführung auf dem Programm: für sein aktuelles Projekt mit dem niederländischen Cellisten Ernst Reijseger und dem iranischen Percussionisten Afra Mussawisade beginnen zurzeit die Studioaufnahmen, die Musik der kommenden CD wird in Magdeburg das erste mal zu hören sein.

Momentan kann ich gar nicht genau sagen, was uns erwarten wird – zu unterschiedlich sind die Musiker und zu knapp die Infos, die man findet. Auf jeden Fall klingt die Zusammenstellung der Instrumente sehr interessant und macht mich neugierig darauf, was Hanschel diesmal mitbringt. Hanschel ist unter anderem durch die Kölner Saxophon-Mafia bekannt, die sich durch alle Arten des Jazz und der zeitgenössischen Musik hindurchimprovisiert, Reijseger hat unter anderem die Musik zu einigen Filme von Werner Herzog komponiert (Zuletzt: Die Höhle der vergessenen Träume) und Mussawisade spielte in Iran traditionelle Percussioninstrumente, bevor er 1983 nach Deutschland kam, die unterschiedlichsten Kulturen kennenlernte und seine Musik inzwischen als multikulturell europäisch bezeichnet.

Update 13.06.:
Statt Ernst Reijseger wird Elisabeth Fügemann das Violoncello spielen.

Montag, 19. Mai 2014

Kathrin Lemke: My Personal Heimat

Das Kathrin-Lemke-Quartett, mit
Kathrin Lemke – Saxophon
Niko Meinhold – Piano
Vitold Rek – Kontrabass
Michael Griener – Schlagzeug 


Mit ihrem Projekt „My Personal Heimat“ wendet sich die Berliner Saxophonistin Kathrin Lemke thematisch Liedern zu, wie sie wohl jeder in Deutschland aufgewachsene kennt und die sie als ihre "musikalische Heimat" bezeichnet. Musik, mit der sie aufgewachsen ist. Lieder zwischen deutschem Liedgut und Schlager – nicht alles davon muß man mögen, entziehen kann man sich dem aber nicht. Kathrin Lemke gelingt es dabei, sich mit dieser Musik auf eine faszinierende Art auseinanderzusetzen, die Melodien aufzunehmen, neu zu interpretieren, ins unerkennbare zu verfremden und dabei doch immer wieder Teile der Melodien durchblitzen zu lassen. Das alles mit einer unbändigen Spielfreude, daß es Spaß macht, selbst Schlager wie Tschingiskhan oder die Schlümpfe zu hören. Unterstützt wird sie dabei von ihrem Quartet; allesamt gleichfalls geniale Musiker, die ihre Ideen mittragen und wild drauflos spielen. Da rast dann schon mal Tschingis Khans Reiterhorde durch's Theaterfoyer, angetrieben von Michael Griener am Schlagzeug und Niko Meinhold am Klavier, begleitet von Vitold Rek am Baß: "He Reiter - Ho Reiter - Immer weiter!".
Dabei müssen es nicht immer Schlager gewesen sein, die Kathrin Lemke musikalisch prägten. Gleich das nächste Stück, Mendelsson-Bartholdys "Abschied vom Wald" kam ganz romantisch daher, wurde dann aber gleichfalls musikalisch gebrochen und in Klänge weit abseits aller Romanik überführt – oh Täler weit, oh Höhen war nur noch zu erahnen. Bei "kein schöner Land in dieser Zeit" spielen die Musiker mit Rhytmusverschiebungen, die aus dem sehr bekannten Volkslied ein musikalisches Puzzle werden lassen.
Das Stück, daß mir am intensivsten in Erinnerung blieb und noch lange nachklang, war die Interpretation von Ernst Buschs Lied von der "Schlacht von Jarama". Kathrin Lemke sagte dazu "man braucht keinen Text, um es zu verstehen", und in der Tat war die sich steigernde Intensität der Schlacht inklusive Kanonendonner musikalisch erkennbar (besser noch als im Original, das man sich auf Youtube anhören kann).
Dann aber wurde es auch wieder lustiger, etwa wenn der Soundtrack von Käptn Future erklang und Hollywood-Athmosphäre verbreitete oder bei Vater Abrahams Schlümpfen. Natürlich hätte es dann im Songtext heißen müssen "der Saxophon-Schlumpf fängt an". Ebenso bei "Ich wünsch' mir eine Miezekatze für mein Wochenendhaus", gesungen von Wum. (Was viele wohl nicht mehr wissen: Loriot stand damit Ende 1972 neun Wochen lang an der Spitze der deutschen Hitparade).
Der Bänkelgesang "Bolle reiste einst zu Pfingsten" wurde dann nochmal zum irrwitzigen Durcheinander, bei dem die Musiker des Quartetts alle Register zogen. Kathrin Lemke ließ sie über lange Strecken wild drauf los improvisieren, und wenn sie in ihrer Anmoderation über das Stück sagte, daß "Bolles Sonntagsausflug im Chaos endet", so war das sehr schön auch in der Musik hörbar. Ich habe mich "dennoch ganz köstlich amüsiert".
Am Ende des Abends stand als Zugabe "Abendstille überall", von den vier Musikern als Kanon gespielt und in seiner ruhigen Art ein Kontrast zur vorher lauten und wilden Musik. Eine ungewohnte und sicher nicht einfache Interpretation, vom Quartet perfekt mehrstimmig umgesetzt. Das Magdeburger Publikum war vom Konzert begeistert und hätte gern noch mehr gewollt. Für mich war dieses ruhige Stück jedoch ein so passender Abschluss des Konzertes, daß danach nichts mehr hätte kommen können.